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Konsequent auf Kurs
Till Bischoff, Geschäftsführer der Spedition Heidelmann GmbH und der Heidelmann Kühllogistik GmbH, beschäftigt sich bereits seit über zehn Jahren intensiv mit dem Thema Nachhaltige Logistik. Unter anderem ist Heidelmann aktiver Projektpartner von HYWHEELS mit der Zielsetzung, die Dekarbonisierung des Verkehrssektors in Osthessen voranzutreiben. Im Interview spricht er über seine regelmäßig durchgeführten Ersatzinvestitionen in den Fuhrpark, um stets die effizientesten und schadstoffärmsten Lkw einsetzen zu können und warum sein primäres Einzugsgebiet für batterieelektrisch angetriebene Lkw derzeit noch ein schwieriges Terrain ist.
Herr Bischoff, Ihren Hauptsitz haben Sie in Schwalmstadt. Die Stadt liegt in und umgeben von Mittelgebirgen, was bedeutet, dass in jede Richtung Gefälle zu bewältigen sind. Auch befinden sich die Kasseler Berge mit engen Kurvenradien und starken Steigungen direkt vor Ihrer Haustür. Über die Streckenführung äußerte sich schon 1950 der damalige Bundesverkehrsminister Hans-Christoph Seebohm mehr als kritisch und bezeichnete sie sogar als verkehrstechnisch unsinnig. Hat Ihre Lage und Ihr unmittelbares Einsatzgebiet direkte Auswirkungen auf die Nutzung von batterieelektrisch angetriebenen Lkw?
Till Bischoff: „Ja, in mehrfacher Hinsicht. Die Reichweiten von batterieelektrisch angetriebenen Lkw sind wegen unserer örtlichen Gegebenheiten noch sehr eingeschränkt. Wir transportieren über das gesamte Jahr verteilt etwa 300 Tonnen Lebensmittel im Umkreis von 150 Kilometern. Unsere Lkw müssen 300 bis 400 Kilometer pro Tag zurücklegen. Bei einer Reichweite von derzeit bis zu 220 Kilometern, müssten wir einen erheblichen zeitlichen Mehraufwand aufgrund der notwendigen Ladestopps in Kauf nehmen. Gleiches gilt, wenn E-Trucks die Kasseler Berge erklimmen müssen, denn diese Strecke ist ein echter Stromfresser. Folge: Die Kosten steigen. Doch die Erhöhung der Kosten können wir nicht alleine tragen. Hier brauchen wir Unterstützung. Insbesondere staatliche Förderprogramme, gesetzliche Rahmenbedingungen und unbürokratische Prozesse helfen uns, die Transformation in der Logistik erfolgreich umzusetzen.“
Technische und bürokratische Herausforderungen, die aktuell für Sie nur schwer in den Griff zu bekommen sind...
Till Bischoff: „… damit müssen wir uns vorerst arrangieren. Doch den Weg hin zu einer nachhaltigen Logistik, trotz aller für ein mittelständisches Speditionsunternehmen nicht immer einfach zu bewältigenden Schwierigkeiten, werden wir konsequent weiterverfolgen. Denn grundsätzlich ist es unbestritten notwendig, dass wir alle ressourcenschonend und innovativ agieren, um auch der Nachwelt einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen.“
Ein eindeutiges Statement pro Nachhaltige Logistik bei Heidelmann. Mit welchen Aktivitäten untermauern Sie Ihre umweltbewusste Einstellung?
Till Bischoff: „Derzeit verfolgen wir eine Vielzahl von Maßnahmen, die entweder aktuell geplant werden oder bereits realisiert sind. Auch unterstützen wir als Partner unterschiedliche Forschungsprojekte. Mit dem Neubau unserer Logistikanlage erfüllen wir den KfW 55 Standard; zudem wurde eine Kälteanlage mit dem natürlichen Kältemittel CO2 installiert. Ebenso können wir seit Mai 2021 mit der installierten PV-Anlage circa 30 bis 40 Prozent der für unsere neue Logistikanlage benötigten Energie eigenständig erzeugen.“
Warum erst seit Mai, die PV-Anlage war doch schon viel früher betriebsbereit?
Till Bischoff: „Wir hätten den eigenen Strom schon einige Monate vorher produzieren können. Die Betonung liegt auf ‚können‘, denn uns fehlte ein Zertifikat und trotz aller Anstrengung, auch des Anbieters der PV-Anlage, hatten wir keine Chance, die Bescheinigung früher zu bekommen, denn die zur Ausstellung des Zertifikats berechtigten Unternehmen sind derzeit überlastet.“
Im Klartext, Sie wollten grünen Strom erzeugen, doch wegen bürokratischer Hürden waren Ihnen die Hände gebunden...
Till Bischoff: „…ärgerlich. Aber wir lassen uns von unserem Weg in Richtung Nachhaltige Logistik nicht abbringen. In diesem Sinne haben wir unsere Lampen bereits komplett auf LED-Technik umgestellt und schulen regelmäßig unsere Mitarbeiter*innen in Bezug auf einen nachhaltigen Umgang mit den eingesetzten Ressourcen. Darüber hinaus haben wir bei Heidelmann schon immer den Anspruch gehabt, stets die effizientesten und schadstoffärmsten Lkw einzusetzen. Wir tauschen im Abstand von vier Jahren regelmäßig unsere Flotte aus. Derzeit verfügen wir über 100 Euro 6-Fahrzeuge.“
Und mit der Hochschule Fulda und einem großen internationalen Produzenten von Lebensmitteln bereiten Sie gerade sehr akribisch die Anschaffung und den Linienbetrieb Ihres ersten batterieelektrisch angetriebenen Lkws vor. Können Sie uns schon erste Details zu Ihrem ersten Leuchtturmprojekt im Bereich der E-Mobility verraten?
Till Bischoff: „Wir sind derzeit dabei zu prüfen, ob die vom Hersteller des batterieelektrisch angetriebenen Lkws angegebene Reichweite von 200 bis 220 Kilometer für unsere Aufgabenstellung ausreicht. Im Kern geht es darum, dass wir die Produktion unseres Kunden mit einem Rohstoff aus unserem Lager versorgen und das Werk ist von unserem Standort aus circa 20 bis 25 Kilometer entfernt. Das ist eine eigentlich prädestinierte Tour für den von uns präferierten E-Truck mit seiner möglichen Reichweite von 220 Kilometer. Doch wegen unserer örtlichen Gegebenheiten muss das Fahrzeug zwischengeladen werden, denn ansonsten, so ist auch die Einschätzung des Herstellers, wird der E-Lkw die benötigte Reichweite von 220 Kilometern nicht realisieren können. Deshalb müssen wir eine Ladestation aufbauen, damit während des Beladevorgangs das Fahrzeug mit Strom versorgt werden kann, um demnächst die Tour emissionsfrei durchführen zu können.“
Ein echtes Leuchtturmprojekt, mit dem Sie, sobald der Linienverkehr gestartet ist, für die weitere Entwicklung Ihrer E-Mobility-Strategie immens Erfahrungen sammeln können...
Till Bischoff: „... Erfahrungen zu sammeln im Umgang mit den neuen Technologien ist für uns essenziell. Deshalb sind wir auch Partner des Projekts HYWHEELS, das bereits 2019 gestartet wurde. Vereinfacht gesagt geht es in dieser Initiative vorrangig darum, die Dekarbonisierung des Verkehrssektors in Osthessen maßgeblich voranzutreiben. Aktuell wird ein umsetzungsfähiges Konzept erstellt. Inhaltlich handelt es sich um den Aufbau eines wasserstoffbasierten Wirtschaftsverkehrs im Raum Osthessen mit Nutzfahrzeugen aller Größen und Einsatzzwecke unter Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Aspekte sowie Anforderungen an Wartung, Personal und Service. Denn bereits in wenigen Jahren, so das Ziel, sollen 1000 Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge in Osthessen, einem der wichtigsten Logistikknotenpunkte in Deutschland, auf die Straße gebracht werden.“
Ein spannendes Projekt. Doch welche Technologie wird sich durchsetzen?
Till Bischoff: „Unserer Meinung nach ist es sehr wichtig, dass hier mehrere Alternativen verfolgt und umgesetzt werden, da jede Technologie ihre Stärken und Schwächen hat. Bei einem 40-Tonner-Lkw im Fernverkehr-Einsatz bieten sich aufgrund der Reichweite sowie der Gewichte der Batterien, Stand heute, eher die Wasserstoff-/Brennstoffzellentechnologie beziehungsweise LNG und synthetische Kraftstoffe an. Für die Zustellungen auf der letzten Meile und die Innenstadtbelieferungen können, abgesehen von dem Kostenfaktor, mit Sicherheit schon heute anteilig E-Lkw eingesetzt werden. Dennoch müssen hierbei auch Faktoren wie Reichweiten, Ladezyklen, ungeplante Standzeiten, die Witterung, die Sicherstellung der Kühlketten und vieles mehr in die Überlegungen mit einbezogen werden, um nach wie vor sehr effiziente Logistikprozesse abbilden zu können, die speziell bei schnell verderblichen Gütern unerlässlich sind.“
Wann glauben Sie, wird der letzte mit Diesel betriebene Lkw Ihren Hof verlassen?
Till Bischoff: „Diese Frage lässt sich nur theoretisch und hypothetisch beantworten, da viele
Faktoren eine Rolle spielen. Hierzu zählt die Lkw-Industrie, die entsprechende Angebote für Lkw mit alternativer Antriebstechnologie in ausreichender Stückzahl, mit genügend Reichweite und zu deutlich günstigeren Konditionen als derzeit zur Verfügung stellen muss. Zudem müssen der Staat und die Marktteilnehmer für eine flächendeckende Lade- beziehungsweise Tankinfrastruktur sorgen. Letztlich müssen die Versender und Empfänger bereit sein, in der Transformationsphase ihren finanziellen Beitrag zu leisten, da sich dieser notwendige Entwicklungsprozess nicht allein auf Kosten der Logistikbranche umsetzen lässt. Demzufolge wäre unsere Prognose, dass circa Mitte der 2030er Jahre tatsächlich der letzte Diesel-Lkw unseren Hof verlässt, sofern bei der Entwicklung dieser Technologien nicht unerwartet ein Quantensprung erfolgt.“
Herzlichen Dank für das interessante Gespräch.
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